PUNK IS (NOT) DEAD | Theaterregie
nach biografischen Fragmenten aus dem Leben von Jesper Reisinger, Kopenhagen.
Mir ist so ein bisschen meine Würde abhanden gekommen... Kein Grund zum Heulen, es lebt sich seitdem in vielem besser. Ich habe eine Menge erlebt. Ich bereue nichts. Übrig bleibt die Gegenwart und die findet für mich jeden Tag statt, da ist kein Gestern, weshalb ich auch nicht darunter leide, es existiert auch keine Zukunft, weil ich keine Angst davor habe...
... Das ist doch auch alles quatsch....
Jens, Punk, 45
Punk ist mehr als Musik –
Punk ist ein Lebensgefühl
Sich ausprobieren, toben und tanzen an den Grenzen des Lebens, an den Grenzen zwischen Zivilisation und archaischem oder anarchischem Freiraum – Es gab eine Zeit, in der Jugendkultur genau daraus bestand, sich in prekäre Lebens- und Existenzsituationen zu werfen, eine Zeit, die vielleicht im Rückblick besser erscheint, als sie vielleicht real je gewesen ist.
Burkhard Forstreuter und Holger Bergmann haben sich auf eine dokumentarische Spurensuche begeben. Ihre Zeitreise führt sie auf die Fährte einer Generation, die heute längst das mittlere Management einer Firma übernommen hat, den Drogentod gestorben ist oder sich vor 1€ Jobs in Deckung bringt. „Punk is (not) dead“ beleuchtet aus der heutigen Sicht die Bewertungen der damaligen Zeit und die Biografie des dänischen Punk-Leaders Jesper Reisinger. Zur Biografie und Figur von Jesper Reisinger haben Burkhard Forstreuter und Holger Bergmann eineinhalb Jahre lang Materialrecherche betrieben und Spannendes, scheinbar Unwichtiges und Nebensächliches aus der Zeit des aktiven Punks und seiner letzten Jahre in einer Kopenhagener Sozialwohnung zusammengetragen.
Schauspieler Burkhard Forstreuter zeichnet den Lebensweg von „Jens - Punk, 45“, so heißt die Figur bei Bergmann und Forstreuter, in Schlaglichtern: die Punk-Gefährten berichten über den Sprung vom besetzten Haus, die Lebenskarriere, vom Molotow-Cocktail bis zum Musikproduzenten. Spannende Eindrücke, Biografisches, Emotionales und politische Elemente mischen sich in dieser Fragmentsammlung, einer Biografie, die doch viel mehr ist als nur eine Biografie, ein Zeitdokument. Die Inszenierung „Punk is (not) dead“ ist alles andere als ein Theatersolo im klassischen Sinne. Sie wächst zum performativen Medienkunstwerk. Die Räume, die die Figuren auf ihrer Zeitreise betreten und durchstreifen, werden von der Mülheimer Medienkünstlerin Barbara Bays entworfen. Das Nebeneinander von Schauspielkunst und Raum erfährt eine zeitgenössische Addition, in der sich die Zeiträume überlagern.
Uraufführung am 3. Oktober 2006 im Ringlokschuppen, Mülhein/Ruhr
Regie: Holger Bergmann
Musik und Klangkollagen: Line Tjørnhøj
Video: Barbara Bays
... Burkhard Forstreuter spielt hinreißend. Es gelingt ihm mit minimalem Aufwand, jedem Alt-Punk einen unverwechselbaren Charakter zu geben. Jeder, der sich für Modetrends der Subkulturellen und ihre Wirkung auf Menschen interessiert, sollte sich das Stück von Regisseur Holger Bergmann ansehen...
(aus NRZ vom 9.Oktober 2006)